Mein hartes Leben auf der Straße - aus dem Alltag einer Straßenkatze

Vielleicht hast du mich schon mal gesehen, wie ich nachts durch die leeren Straßen schleiche, immer auf der Suche nach etwas Essbarem oder nach einem sicheren Schlafplatz. Namenlos, aber eben doch mit einer eigenen Geschichte. Ich bin eine von etwa 2 Millionen Straßenkatzen in Deutschland (wahrscheinlich sind wir sogar noch viel, viel mehr, aber das weiß keiner so genau) - ja, du hast richtig gehört: Wir sind kein “Phänomen”, das es nur weit weg irgendwo im Ausland gibt! Wir leben hier bei euch, direkt vor eurer Tür. Vielleicht nicht immer offensichtlich, aber wir sind da. Scheu und zurückgezogen findet man uns meistens an versteckten und abgeschiedenen Orten wie in Schrebergärten, verlassenen Gebäuden, in Scheunen auf Bauernhöfen oder sogar in abgelegenen Industriegebieten.

Ich bin nicht hier, weil ich das so wollte – das Leben auf der Straße ist alles andere als romantisch und bedeutet auch keine grenzenlose Freiheit, wie man vielleicht glauben könnte. Für mich ist es ein harter Überlebenskampf. Jeden Tag, immer wieder von vorne.

Wenn du mich genau anschaust, siehst du, dass ich Narben habe. Kleine Wunden, die immer wieder aufreißen. Es tut weh. Meine Augen sind müde und oft entzündet, weil ich gegen all die Krankheiten, die hier draußen lauern, keine Chance habe. Es gibt viele von uns, viel zu viele, und mit jedem Jahr werden wir mehr. Wenn ich ein Zuhause hätte, wenn wir alle eins hätten… doch das wird nie passieren, das ist einfach unmöglich - wir sind einfach zu viele. Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter zu kämpfen, immer weiter. Manchmal schaffe ich es, zumindest mal ein Mäuschen zu fangen oder ich finde irgendwo Reste, ein bisschen altes Brot oder irgendwelche Abfälle… manchmal habe ich tagelang aber auch einfach gar nichts im Bauch und ich komme fast um vor Hunger. Der Winter ist besonders schlimm. Die Nächte sind kalt, und wir versuchen uns aneinander zu kuscheln, um uns irgendwie zu wärmen.

Und die Krankheiten… ich habe sie alle gesehen, so viele Freunde, die irgendwann vor Erschöpfung und Schmerz aufgeben mussten. Weil sie einfach müde waren und keine Kraft mehr hatten. Schlimme gesundheitliche Folgen durch Inzucht oder auch FIV, FIP, all die gefährlichen Infektionen und der Befall durch Flöhe und Würmer, die uns Tag und Nacht quälen. So viele von uns sind krank, und es ist, als ob jeder Tag ein bisschen mehr von unserer Kraft nimmt. Auch ich bin krank und meine Kraft wird weniger. Ich weiß nicht, wie lange ich noch durchhalte.

Besonders im Frühling, aber auch im Herbst kommen immer und immer wieder unzählig viele Katzenbabies dazu. Sie sprießen schon fast wie Pilze aus dem Boden. Klingt erstmal niedlich, oder? Versteht mich nicht falsch, auch ich liebe Kitten - schließlich war ich vor kurzem selber noch eins. Aber ich weiß, was es wirklich bedeutet. Diese kleinen Wesen haben kaum eine echte Chance. Sie kommen in eine raue Welt voller Hunger und Kälte, und viele von ihnen sterben, bevor sie überhaupt ein paar Wochen alt sind. Ihre Mamas geben alles und versuchen, sie irgendwie durchzubringen. Doch oft haben sie einfach nicht genug Milch, weil sie selbst kaum etwas zu fressen finden. Die Kleinen – die, die durchkommen – wachsen oft krank und schwach auf, weil wir auf engem Raum leben und es keinen Schutz für sie gibt. Es bricht mir das Herz, jedes Mal aufs Neue.

Es ist ein Teufelskreis, der immer so weitergeht. Und ohne die Hilfe von euch Menschen können wir den nicht durchbrechen. Immer mehr Katzen, immer mehr Leid. Ohne eine Kastrationspflicht für Katzen, vor allem auch für Freigänger, die schon ein Zuhause haben, werden wir einfach immer mehr und unser Elend immer größer.

Ich bin nur eine Straßenkatze und ich weiß, dass ich nicht viel ausrichten kann. Wenn aber meine kleine Geschichte (die eben leider keine Geschichte ist, sondern bittere Realität) ein bisschen dazu beitragen kann, euch Menschen wachzurütteln, habe ich schon mehr erreicht, als ich mir vorstellen kann.

Ich möchte kein Mitleid. Alles, was ich möchte, ist ein Leben ohne Hunger, ohne Krankheit und ohne diesen unerträglichen Schmerz, den ich jeden Tag in meinen Knochen spüre. Für mich und auch für alle Generationen von Straßenkatzen, die noch folgen. Namenlos, aber eben doch mit einer eigenen Geschichte.

Bitte nehmt unser Schicksal ernst und seht unser Leid… das ist alles, was ich mir wünsche.

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