Es ist soweit: Eine neue Katze wird bei dir einziehen und du freust dich riesig auf das neue Familienmitglied. Aber kaum öffnest du die Transportbox, verschwindet die neue Mitbewohnerin ohne Umwege direkt unterm nächsten Schrank und denkt nicht im Traum daran, freiwillig wieder rauszukommen. Doch das ist kein Grund enttäuscht oder sogar traurig zu sein! Alles, was du jetzt brauchst, ist viel Geduld und noch mehr Einfühlungsvermögen.
Wenn du eine Katze aus dem Tierheim mit unbekannter Vorgeschichte aufnimmst, ist die Eingewöhnungsphase im neuen Zuhause ein ganz entscheidender Schritt in ein glückliches Katzenleben. Ist der neue Hausgenosse eine Fundkatze, möglicherweise ein ehemaliger Streuner, halb verwildert und scheu, sieht er vielleicht zum ersten Mal das Innere einer Wohnung: Alles ist neu, alles könnte gefährlich sein. Dann ist aller Anfang schwer - vor allem, wenn der neue Stubentiger extrem ängstlich oder zurückhaltend ist. Ein falscher Umgang mit der Situation kann dann sehr schnell alle Bemühungen zunichtemachen, das Vertrauen des Tieres zu gewinnen.
Das Vertrauen einer ängstlichen oder verwilderten Katze zu gewinnen und sie an ein Zuhause zu gewöhnen, ist ein behutsamer und geduldiger Prozess. Mit ein paar einfachen Maßnahmen kannst du deiner noch scheuen Katze die Eingewöhnung etwas erleichtern:
1. Rückzugsort bieten
- Schaffe einen sicheren Raum: Biete der Katze einen ruhigen Raum, in dem sie sich sicher fühlt. Stelle sicher, dass sie dort alles hat, was sie braucht (Futter, Wasser, Katzenklo, Versteckmöglichkeiten).
- Verstecke erlauben: Verwilderte Katzen fühlen sich oft sicherer, wenn sie sich verstecken können. Stelle Kartons oder Höhlen zur Verfügung, damit sie sich in ihrer Umgebung sicherer fühlt.
- Frühzeitig mit 2-Boxen-Training beginnen: Das 2-Boxen-Training ist eine Trainingsmethode für Katzen, die speziell darauf abzielt, sie an Transportboxen zu gewöhnen und ihnen die Angst davor zu nehmen. In der Praxis nutzt man dabei zwei Boxen. Eine, in die sich die Katze gegebenenfalls zurückziehen kann und eine, in die das Futter hineingestellt wird. Unter Umständen kann so die Fahrt Richtung Tierarzt deutlich stressfreier werden: Die Katze muss nicht erst noch eingefangen werden, sondern man kann einfach die Tür hinter ihr schließen.
2. Langsame Gewöhnung an Menschen
- Lass sie den ersten Schritt machen: Setze dich ruhig in ihre Nähe, ohne sie zu bedrängen. Gib ihr Zeit, dich von selbst zu beobachten und sich dir langsam zu nähern.
- Sanfte Annäherung: Versuche, keine plötzlichen Bewegungen zu machen und sprich mit sanfter, leiser Stimme. Vermeide direkten Augenkontakt, da Katzen dies oft als Bedrohung empfinden.
3. Futter stärkt das Vertrauen
- Futter als Vertrauensbrücke: Gib ihr leckere Snacks (spezielle Leberwurst für Katzen funktioniert erfahrungsgemäß übrigens meistens sehr gut ;) oder hochwertiges Nassfutter. Biete ihr das Futter zunächst mit Abstand an und verringere nach und nach die Entfernung, bis sie es ggf. sogar aus deiner Hand nimmt.
- Rituale entwickeln: Füttere die Katze immer zur gleichen Zeit und mit den gleichen Abläufen. Routinen geben Sicherheit und helfen, Vertrauen aufzubauen.
4. Geduld und Rücksicht
- Respektiere ihre Grenzen: Manche Katzen brauchen Wochen oder sogar Monate, um Vertrauen zu fassen. Dränge die Katze nicht und lass sie das Tempo bestimmen.
- Zeichen von Stress erkennen: Fauchen, Knurren, angelegte Ohren oder ein zuckender Schwanz sind Zeichen dafür, dass die Katze sich unwohl fühlt. In diesen Momenten solltest du dich zurückziehen und sie in Ruhe lassen.
5. Spiel und Beschäftigung
- Spielzeuge nutzen: Katzen sind oft verspielt, auch wenn sie ängstlich sind. Benutze Spielangeln oder Federn, um mit ihr zu spielen, ohne sie direkt zu berühren. Das hilft, eine Verbindung herzustellen und ihr Vertrauen zu gewinnen.
- Schnüffelspielzeuge: Katzen lieben es, interessante Düfte zu erkunden. Nutze beispielsweise Spielzeuge mit Katzenminze, um ihre Neugier zu wecken.
6. Mit Berührungen langsam beginnen
- Lass sie zuerst schnuppern: Wenn die Katze beginnt, dir zu vertrauen, lasse sie deine Hand beschnuppern. Vermeide es zunächst, sie direkt zu streicheln, es sei denn, sie zeigt durch Kopfstoßen oder anstupsen, dass sie Berührungen möchte.
- Streicheleinheiten langsam aufbauen: Beginne mit sanften, kurzen Berührungen an den Seiten des Kopfes oder unter dem Kinn, da diese Bereiche oft angenehmer für Katzen sind.
- Die “Känguru-Methode” bei verwilderten Kitten: Das Kätzchen behutsam mit den Händen unter den Pullover stecken, es die Wärme Deines Körpers und Deinen Herzschlag spüren lassen. Irgendwann fängt es dann an, sich zu entspannen - meist hört man auch ein leises Schnurren. Ab dem Zeitpunkt kann schon vorsichtig von außen mit dem Streicheln über den Pullover begonnen werden. Eventuell faucht das Kitten nochmal kurz, in der Regel legt sich dies aber auch wieder recht schnell. Findet es das Kitten ganz angenehm, kann man auch schon mal vorsichtig direkt unter dem Pullover streicheln. Bei einigen Kitten hilft es schon das erste Mal, bei anderen sollte man das mehrfach wiederholen und es wird von Mal zu Mal entspannter.
7. Regelmäßige Routine und ruhige Umgebung
- Stressarme Umgebung: Vermeide laute Geräusche, hektische Bewegungen oder fremde Menschen, die sie einschüchtern könnten.
- Tägliche Rituale beibehalten: Katzen lieben Routinen. Ein fester Tagesablauf hilft der Katze, sich sicherer zu fühlen und Vertrauen aufzubauen.
8. Tierärztliche Kontrolle
- Gesundheit sicherstellen: Viele ängstliche oder verwilderte Katzen haben gesundheitliche Probleme, die ihr Verhalten beeinflussen. Ein Check beim Tierarzt, sobald die Katze sich etwas eingewöhnt hat, ist in jedem Fall empfehlenswert. In der Regel ist dies aber auch schon im Tierheim geschehen.
9. Soziale Interaktionen beobachten
- Beobachte Körpersprache: Achte auf die Signale, die die Katze sendet. Ein langsames Blinzeln oder ein entspanntes Liegen in deiner Nähe sind positive Zeichen.
- Keine Überstimulation: Katzen können sehr sensibel auf Berührungen reagieren, besonders wenn sie nicht daran gewöhnt sind. Achte darauf, sie nicht zu überfordern.
10. Geduld und Einfühlungsvermögen als Schlüssel
Jede Katze ist individuell. Manche verwilderten Katzen brauchen Monate, um Vertrauen zu fassen, während andere schneller Fortschritte machen. Der Prozess ist langwierig, aber mit Geduld und Behutsamkeit kann eine enge Bindung entstehen.
Zusammenfassend:
- Sicherheit bieten und Vertrauen langsam aufbauen sind entscheidend.
- Routine, positive Verstärkung (z.B. Futter und Spielen) und Rücksicht auf ihre Grenzen fördern den Prozess.
- Geduld und Zeit sind der Schlüssel, um eine ehemals scheue oder verwilderte Katze in ein liebevolles Zuhause zu integrieren. Damit und mit ein bisschen Einfühlungsvermögen lässt sich -zumindest in den meisten Fällen- auch die härteste Nuss am Ende knacken...
VIEL GLÜCK!